Ich arbeite nun seit fast 20 Jahren mit der CANTIENICA®-Methode. Der Ausgangspunkt war meine Tätigkeit als Frauenärztin mit dem berufsbedingtem Thema Beckenbodenschwäche. Inzwischen sind mir in meiner Tätigkeit viele Menschen mit den verschiedensten orthopädischen und anderen Diagnosen begegnet, und ich freue mich, wie sie sich mit einfachen, grundlegenden Bewegungs- und Haltungsprinzipien selbst helfen können. 

Bewegung betrifft immer den ganzen Menschen. Aufgerichtet, aktiv gedehnt, systemisch durchbewegt – in oft kurzer Zeit wird gute Körperhaltung Gewohnheit, geschädigte Gelenke erholen sich, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen werden gebessert. 

Die CANTIENICA®-Methode sorgt für Tiefenkraft, freie Gelenke, einen integrierten Beckenboden und „gute Laune“. Es ist keine Therapie. Vor einigen Jahren definierte ich mich auch vom Therapeuten zum Lehrer um. 

Ganzheitlich behandeln, Krankheitstendenzen erkennen und Krankheiten vorbeugen waren mir immer wichtig gewesen. Als der Begriff Salutogenese in mein Leben kam, unterschied ich zwischen Therapie und Salutogenese. Salutogenese fragt: was erhält oder macht den Menschen gesund.

In der Therapie behandeln wir das Kranke. Salutogenetisch unterstützen wir das Gesunde, damit das «andere» mitgenommen wird nach seinen Möglichkeiten.

Salutogenese ist ein junges Konzept, begründet von Aaron Antonovsky (1923-1994). Wörtlich übersetzt heißt Salutogenese Gesund- Schöpfung. 

So wie Pathogenese: Leiden, Krankheit Schöpfung. Den Begriff Pathogenese gibt es schon lange. Er beschreibt die Entstehung und die Entwicklung von Krankheiten. Das Modell Pathogenese geht davon aus, dass Menschen entweder gesund oder krank sind. Krankheit gilt als Abweichung von der Norm. 

Im Salutogenese-Modell gibt es diese Trennung gesund/krank nicht. Jeder Mensch bewegt sich zwischen den beiden Polen Gesundheit/körperliches Wohlbefinden und Krankheit/körperliches Missempfinden. 

Die beiden Pole – völlige Gesundheit oder völlige Krankheit – kann ein lebender Organismus nicht erreichen. 

Ich beschreibe im Folgenden ein einschneidendes Erlebnis, wo mir der Unterschied Therapie und Salutogenese unter die Haut fuhr. In einer Einführungsgruppe CANTIENICA®-Methode sass mir ein Mann gegenüber, den ich nicht kannte. Er hing vollkommen schief auf seinem Hocker. In der Einzelstunde erfuhr ich seine Diagnose und seine Geschichte: Armlähmung links durch eine Geburtsverletzung. 

Seine motivierten Eltern hatten ihm als Kind viele Therapien ermöglicht. Und auch später machte er fast ständig etwas für seinen Arm. Etwas überspitzt gesagt: alles richtete sich auf seine Lähmung, eben auch der übrige Körper. 

Wir fingen an, nach dem zu fragen, was in Ordnung ist. Die Schulter links ist von der Lähmung nicht betroffen, der Brustkorb kann symmetrisch gehalten werden, der Kopf kann sich einmitten. 

Es ging schnell und leicht, dass er sich aufrichten, ausdehnen konnte, breite Schultern bekam und Kraft in der Ausstrahlung. Und auch der gelähmte Arm konnte freier schwingen. Es war für uns beide wie ein Einschlag im Verständnis von Salutogenese. Ich bin ihm heute noch dankbar, und er weiß, dass ich viel von ihm erzähle.

Solveig Hoffmann, Ärztin, Teneriffa
Von Benita Cantieni zum «Masterteacher auf Lebenszeit» ernannt
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