Gleitsichtbrille – Segen oder Fluch oder beides?

Machen Gleitsichtbrillen inkontinent?

Von Solveig Hoffmann, Ärztin

Es müsste 18 Jahre her sein, dass ich zu Benita Cantieni sagte: Gleitsichtbrillen machen inkontinent. Es war in meiner CANTIENICA®-Anfangszeit. Ich arbeitete in einem Urlaubs- und Therapiezentrum. Die Kombination Frauenärztin und Beckenbodentraining sprach sich rum, und es kamen öfter Frauen wegen Inkontinenz zu Einzelstunden zu mir. Mir fiel auf, wie sie in der Stunde schön aufgespannt waren und einen Moment später draußen, wenn ich sie wieder traf, war der Kopf in den Nacken gezogen, das Becken gekippt und der Brustkorb eingefallen. In der Stunde hatte ich die Brille absetzen lassen, und nach mehreren solchen „Erlebnissen“ schloss ich auf die Gleitsichtbrille.

Wir schauen ja nicht oft in die Ferne. Im Gesprächsabstand ist das scharfe Sehen bei der Gleitsichtbrille etwas tiefer als beim Blick in die Ferne. Das Auge sucht das scharfe Sehen, und so wird der obere Nacken etwas kontrahiert. Wenn das unbewusst und sehr lange geschieht, verkrampfen die kleinen Muskeln im oberen Nacken sogar dauerhaft.

Kopfhaltung und Beckenstellung hängen voneinander ab. Das ist CANTIENICA®-Basic. Ein gekipptes Becken hat einen erschwerten Zugang zum Levator ani.

Der Nackenstern ist eine fächerförmig angeordnete Gruppe kleiner Muskeln, die von den obersten Halswirbeln zum Hinterhauptsknochen gehen. Legen Sie einmal die Fingerspitzen beider Hände rechts und links im Nacken an den Schädelansatz und rollen mit den Augen. Die kleinen Nackenmuskeln werden dabei fühlbar aktiviert,

(In meiner CANTIENICA®-Grundausbildung machten wir das auch mit dem Beckenboden. Erst den Musculus Levator ani aufwecken, dann mit den Augen rollen und das Echo der Augenbewegung im Levator wahrnehmen. Dann ist der direkte Zusammenhang Augen, Nackenstern, Beckenboden erlebbar.)

Ich habe in den nun fast zwei Jahrzehnten meiner Tätigkeit mit der CANTIENICA®-Methode sehr oft Menschen von den Gleitsichtbrillen „erlöst“. Letzte Woche schickte mir eine Frau Fotos von sich. Sie wollte wissen, ob es sich lohnt, zu mir zu kommen wegen einer Gebärmuttersenkung. An ihrer Haltung sah man die Wirkung der Gleitsichtbrille. Ich zitiere dann Benita Cantieni: „Sie vergeuden Ihr Geld und meine Zeit“.

Die Frau kauft sich gerade eine Fern- und eine Nahbrille und wird dann kommen. Sie war richtig erleichtert, dass sie selbst etwas tun kann und bemerkte im Nachhinein den zeitlichen Zusammenhang des Tragens ihrer Gleitsichtbrille und der Gebärmuttersenkung.

Ich rate inzwischen prinzipiell von Gleitsichtbrillen ab, nicht nur bei Beckenbodenthemen. Die schädliche Auswirkung geht auch auf Organe und seelische Stimmung. Ich hatte vor kurzem einen 36-jährigen Mann, der seit 7 (!) Jahren eine Gleitsichtbrille trug. Extremer Rundrücken und Depression. Er kam sofort ohne die Brille zurecht – man muss ja nicht alles scharf sehen – und war erleichtert.

Ich zitiere jetzt noch Helga Pohl, Unerklärliche Beschwerden, Verlag: knaur-mens-sana, Seiten 150/151: „Als anatomische Besonderheit weisen die kurzen Nackenmuskeln eine sehr hohe Anzahl von Muskelspindeln und anderen Rezeptoren der Eigenwahrnehmung auf, die auch die kleinsten Spannungsänderungen in diesen Muskeln an das Gehirn melden … Der oberste Nacken enthält also ein außerordentliches differenziertes, diffiziles Bewegungs- und Sinnesorgan, von dessen Existenz wir gewöhnlich nichts wissen. Diesen Rezeptoren im oberen Nackenbereich kommt bei der Koordination von Kopf- und Augenbewegungen eine Schlüsselrolle zu. … Von hier aus wird auch unser Gleichgewichtssinn mitbestimmt … es gibt eine Verbindung von den Nackenrezeptoren zu einer Nucleus tractus solitarii genannten Hirnregion, die eine Regulationszentrale für basale Körperfunktionen wie Blutdruck, Atmung und Herzschlag darstellt … Von den Rezeptoren in der Nackenmuskulatur gehen außerdem Haltungsreflexe auf den ganzen Körper aus …“

Es gibt Situationen, in denen die Gleitsichtbrille eine Riesenhilfe ist. Ich glaube nicht, dass es sehr schadet, sie ein paar Stunden zu tragen. Andererseits gibt es viele Situationen am Tag, wo sie nicht nötig ist.

Zum Schluss noch meine persönliche Geschichte:

Ich wuchs mit Brillen auf. Mit 40 Jahren bekam ich die erste Gleitsichtbrille. Herrlich – wieder Landkarten und Telefonbücher lesen zu können. Mit 42 Jahren bekam ich die zweite und merkte, wie das meinem Körper schadet. Ich spürte „elektrische Schläge“ im Gehirn. Mein Kollege sagte: das ist dein Gleichgewichtsorgan. Ich trug die Brille weiter, es „musste“ ja sein.

Mit 48 Jahren tat ich die Brille weg. Es war 2 Jahre vor meiner C-Ausbildung. Ich kaufte 3 Brillen: eine Fernbrille, eine Nahbrille und eine Gesprächsbrille. Die dritte brauchte ich nur ein paar Monate. Es war anstrengend und lästig für mich und meine Umgebung. Ich bekam dauernd zu hören: Immer hast du die falsche Brille auf!

Aber aber aber: Ich spürte regelrecht wieder das Leben in mir kreisen.

Ich habe die alte Gleitsichtbrille noch. Etwas so Teures schmeißt man ja nicht weg. Ich setzte sie nie mehr auf, und wenn sie mir begegnet in einer Schublade wird mir noch leicht übel.

Im Lauf der Jahre habe ich mir mehrere Brillen geleistet. Die teure Gleitsichtbrille wird ja nicht mehr nachgekauft. Ich habe drei Lesebrillen – eine in unserem Büro, eine auf meinem Schreibtisch und eine in der Praxis. Zwei Fernbrillen – eine im Auto, eine in der Handtasche. Seit Jahren versuche ich so viel wie möglich ganz ohne Brille zu sein. Und wenn ich eine brauche, ist sie auch da.

Solveig Hoffmann, Ärztin, Ehrenmaster CANTIENICA®-Methode
https://koerperstruktur.com 

Zentrum für Salutogenese, Teneriffa
www.eridanos.org

Autorin: Aufrichtig aufrecht, Grundlagen der Cantienica-Methode, Verlag Hogrefe, 
ISBN-13 ‏: ‎978-3456860640

https://shop.cantienica.de
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Tag 3   So 08. September 2024    11:00 – 12:30 h

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